Ja, die Nordsee hier oben kann schon rau sein. Heute Nacht duften wir einen dieser wahrscheinlich noch harmlosen Stürme erleben. Geschlafen haben wir in unserer Koje im Dachgeschoss mit Ausblick aufs Meer wie Murmeltiere. Der Tag zuvor war ja gut anstrengend. Da es auch morgens noch sehr windig war, schliefen wir aus, frühstückten in aller Ruhe und planten die 17 km Wanderung zum Leuchturm Lista Fyr ins gleichnamige Feuchtgebiet direkt vom Haus aus.

Der Weg führte uns stets am Meer entlang. Die Temperaturen waren mit 17 Grad ideal zum Laufen. Nicht nur die Wolkenspiele und das Licht verliehen der Wanderung ihre Reize. Wir passierten zwei Bunker aus dem zweiten Weltkrieg, die sogar begehbar waren – irgendwie gruselig.

Wir lernten zudem einiges über Vogelkunde und Feuchtgebiete und waren von der Entstehungsgeschichte dieser Region Lista beeindruckt.

Zunächst zu Feuchtgebieten: es sind die Übergangszonen, die zwischen Meer und Land liegen. Süßwasser, Salzwasser, Sümpfe, seichte Meeresbuchten und Salzwiesen prägen die hiesige Natur in Lista und bilden die Grundlage für ein vielfältiges Tier- und Pflanzenleben. Hier gibt es Arten, die man an sonst keinem Ort Norwegens findet – viele stehe daher auf der roten Liste der gefährdetsten Tierarten.

Die Halbinsel Lista ist die südwestliche Spitze Norwegens und als solches ein sehr wichtiger Knotenpunkt für Zugvögel. Tausende von ihnen ziehen sowohl im Frühling als auch im Herbst über die Nordsee. Viele von ihnen machen hier auf der Halbinsel Rast bevor sie zu ihren Zielorten weiterfliegen. Mehrere Vogelarten überwintern auch in der relativ milden und eisfreien Landschaft. Lista ist eine wahre Naturperle, davon durften wir uns heute überzeugen! Zu Zeiten des Zugs füllen sich die Strände hier mit Wattvögeln. Mehr als 40 Watvogelarten sind registriert.

Schon gewusst?

  • Feuchtgebiete können verglichen zu Kulturflächen oder Wald bis zu drei Mal mehr Kohlenstoff speichern. Sie reduzieren also vielmehr den CO2 – Gehalt der Atmosphäre.
  • Feuchtgebiet binden große Mengen Wasser und sind natürliche Schutzbarrieren vor Fluten.
  • Feuchtgebiete säubern Wasser und verhindern die Algenblüte in Binnenseen sowie Meeren, die aufgrund der Überdüngung zunimmt.
  • In Norwegen machen diese Feuchtgebiete etwa 10 Prozent aus. Lista ist eines der größten Feuchtgebiete in Norwegen.
  • Seit 1971 bis 2017 haben 167 Länder die Ramsar-Konvention über die Erhaltung und nachhaltige Nutzung von Feuchtgebieten unterschrieben. Insgesamt hat Norwegen von über 2.200 Ramsar-Gebieten der Welt 63. Es handelt sich um eine Gesamtfläche von 2,1 Millionen Quadratkilometer – das ist die Fläche Mexikos.

Auch die Entstehungsgeschichte von Lista ist interessant: nach der letzten Eiszeit war die charakteristische Ebene in Lista eines der ersten eisfreien Gebiete in Norwegen. Die letzte Eiszeit erreichte ihre größten Ausmaße von vor 21.000 bis 17.000 Jahren. Das Binneneis war so dick wie 100 Leuchttürme aufeinander gestapelt. Vor ca. 14.000 Jahren begann sich das Eis zurückzuziehen. Das von den enormen Eismassen hinterlassene Geröll und Gestein bildete den Ausgangspunkt für die flache Landschaft in der hiesigen Region – übrigens auch auf dem Golfplatz gestern.